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'Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort.
Und die Welt hebt an zu singen,
triffst Du nur das Zauberwort.'
Joseph von Eichendorff


Diese Worte üben auf mich immer wieder einen ganz besonderen Zauber aus.
Magische, verheißungsvolle Worte.
Begeben wir uns auf die Suche nach dem 'Zauberwort', erschließt sich uns die Schönheit in der Welt und inspiriert uns zu eigenem Schaffen.


Mittwoch, 23. Februar 2011

"ehrliche" Wände

Tatatataaaaaaaaaaaaa! Ich bin wieder da - aufgetaucht aus meinen Farbtöpfen!

Der weiße Look in vielen Blogs gefällt mir sooo gut, und ich selbst mag sehr gerne weiß, auch weiße Kleidung ...... und doch stelle ich immer wieder fest, ich brauche etwas Farbe um mich herum.

Eindeutiger Favorit ist dabei die Farbe Rosa.Allerdings - Rosa ist nicht gleich Rosa. Es gibt kitschiges Rosa, Babyrosa, Pinkrosa, Lachsrosa, hellrosa, altrosa, dunkelrosa, violettrosa usw.

Ich meine dieses zarte Rosa, ein Rosa voller Licht, dieses Rosa, welches am Morgen taufrisch strahlt, in der hellen Mittagssonne schimmert und in der Abendsonne zu glühen beginnt. Dieses Rosa, das man auf jene Weise in einem blühenden Mandelbaum wahrnehmen kann. Auch die Apfelblüte verströmt dieses wunderbare, lichtvolle Rosa ebenso wie manche Rosen. Ein Rosa, was selbst an trüben Tagen noch kraftvoll ist. Ein bewegtes Rosa, das erst aus den unterschiedlichsten Rosatönen entsteht.Meine Erfahrung ist die, daß Dispersionsfarben nicht lichtvoll sind. Auf mich wirken sie oft eher dicht und dumpf. Um das Spiel mit dem Licht miteinzubeziehen, mische ich Wandlasuren mit mineralischen Pigmenten.
Ein solcher "Wandgestaltungsprozess" ist für mich eine absolut aufregende Angelegenheit, die mich voll und ganz in Anspruch nimmt. Es ist nicht so, daß man einfach die Farbe aufträgt und fertig. Man braucht viel Geduld dazu, denn es kann durchaus eine Woche oder länger dauern, bis die Vorstellung mit dem Ergebnis übereinstimmt. Das heißt, verschiedene Farbtöne bzw. Farbintensitäten werden übereinandergearbeitet - Schicht für Schicht. Jede Schicht muß dann wieder trocknen. Pro Tag also eine Farbschicht. Dabei kann man sich unterschiedlichster Techniken bedienen. Ich arbeite gerne mit Pinseln. Beginnend mit einem breiten Heizungspinsel und nicht gleichmäßig deckend bis dann am Ende großzügig und homogen mit dem ovalen Lasurquast. Es entsteht eine lebendig-farbige Fläche mit einer gewissen Tiefenwirkung.

Es wird direkt auf den weißgestrichenen Putz lasiert. Jede kleine Unebenheit oder auch die ausgebesserten Stellen werden zu wichtigen Gestaltungselementen.Es ist eigentlich keine Wand mehr, mit der man sich beschäftigt, es ist eine Fläche die aus unendlich vielen Quadratzentimetern besteht und jede Stelle ist wichtig und individuell.Für mich wird die Wand somit lebendig und fängt an, die Geschichte dieses Raumes, dieses Hauses zu erzählen. Nichts wird mehr versteckt oder überdeckt, Vergangenes wird nicht geleugnet, es steht gleichberechtigt neben der Gegenwart und Zukünftigem - "ehrliche Wände" habe ich es genannt. Dabei wird mir klar, daß ich solche Wände als junger Mensch nicht ertragen hätte.Je älter ich selbst werde, umso wichtiger und zugleich leichter wird es für mich, die Gegebenheiten anzuerkennen. Ich will nichts verbergen, nichts überdecken. Ich kann immer öfter sagen: So ist es. Das hat absolut nichts mit Resignation zu tun - ganz im Gegenteil, ich erlebe diesen Drang, eben nichts mehr verbergen zu wollen, als eine Art befreiende Ehrlichkeit, die mich zudem offener und mutiger macht.

Hier nun die Villa Lilla im neuen farbigen Kleid. Zunächst mein Mandelblütenzimmer!



Den Charakter einer Farbe photographisch zu erfassen stellt mich vor eine echte Herausforderung und ich muß zugeben, das Ergebnis ist nicht absolut zufriedenstellend. Es ist mir nicht gelungen, alle Nuancen einzufangen. Auch die wunderbaren Lichteffekte kann ich nicht in Echtqualität wiedergeben. Das kann wahrscheinlich nur ein Profi mit einer Profikamera. Trotzdem vermitteln diese Bilder einen schönen, authentischen Eindruck.

Die zweite Farbe ist noch viel schwieriger zu photographieren: Das Pigment heißt grüne Erde und es entsteht daraus eine Farbe, mit der ich mich ebenfalls sehr wohl fühle: überhaupt nicht erdig, sondern ein ganz besonders frisches, lichtvolles gelbgrün. Diese Farbe schafft es, auch einen etwas dunkleren Raum hell und weit erscheinen zu lassen. Auf den Bildern ist der Farb-Eindruck immer nur im Hintergrund oder am Rande annähernd echt gelungen.Und wie man hier erkennen kann, sind die neuen Fußleisten auch schon lackiert und warten auf Montage.

Meine Experimentierwand will ich euch natürlich nicht vorenthalten. Es gibt in jedem Zimmer eine Wand, auf der ich meine Farbexperimente mache - in der Regel wähle ich eine verdeckte Stelle, wo später dann ein Schrank stehen wird. Urprünglich hatte ich dort auch einen Schrank hingedacht. Jetzt hat sich aber ergeben, daß dort eben doch kein Schrank stehen wird! Im obigen Sinne habe ich nun beschlossen, daß diese "Entstehungsgeschichte" auch dazu gehört und die Wand wird genau so bleiben.
Hiermit habe ich wahrscheinlich meinen bisher längsten Post verfaßt. Daran wird mir klar, wie wichtig gestalterische Prozesse für mich sind und wie intensiv ich sie erlebe. Die Prozesshaftigkeit kreativen Tuns setzt eben auch Kreativität im Denken frei. Und sicher genauso umgekehrt.